Kumbh Mela ist das größte religiöse Fest der Welt und wird alle 12 Jahre in Allahabad, einer Stadt ca. 100 km von Varanasi entfernt, gefeiert. Auch in Varanasi selbst herrscht während dieser zwei Monate Ausnahmezustand, wenn 130 Millionen Hindus an den Ganges reisen, um sich von ihren Sünden reinzuwaschen. Wir haben’s nicht nur geschafft, die letzten und intensivsten Tage des Festivals in Varanasi zu verbringen, sondern auch zum Ende und Höhepunkt des Festes, dem 04.03.2019 und „letzten Waschtag“, am Abend eine Zugfahrt zu buchen. Wo sind wir da nur wieder reingestolpert, als wären heilige Stätten und Züge in Indien unter normalen Umständen nicht schon verrückt genug …
Varanasi ist eine einzigarte und außergewöhnliche Stadt direkt am Ganges, die 1200 v.Chr. gegründet wurde und somit die älteste Stadt Indiens und auch die heiligste des Hinduismus ist. Es ist wirklich ein besonderer Ort, manchmal fühlen wir uns wie in einer anderen Welt, umgeben von unbekannten Ritualen, unzähligen unterschiedlichsten Menschen und wir sind fasziniert von der spirituellen und sogar mystischen Stimmung … und manchmal denken wir uns einfach nur fassungslos: „wie schräg is das denn jetzt bitte?“
Die Stadt ist bekannt für ihre 88 „Ghats“, die Treppenabschnitte, die am Ufer des Ganges liegen und von denen jede einzelne einen eigenen Zweck erfüllt. Die meisten sind Bade- und Zeremonien Ghats aber es gibt auch zwei, an denen Einäscherungen stattfinden und z.B. eine Ghat, an der Wäsche gewaschen wird. Wir halten uns sehr gerne am Ufer, an den Treppen auf und beobachten das Treiben. Die Zeremonien bei Sonnenauf- und Untergang sind wunderschön, und das Baden der Hindus – der „Holy Dip“ – im heiligen Wasser des Ganges ist interessant zu beobachten und wird von den Gläubigen meist wie eine kleine Feier zelebriert. Schwerer zu verdauen ist hingegen der Umgang mit dem Tod und die öffentlichen Einäscherungen. Menschen kommen mir ihren Familien nach Varanasi um zu sterben, um sich am Ufer des heiligen Flusses verbrennen zu lassen und um ihre Überreste, die aus Asche und einigen unverbrennbaren Teilen bestehen, dem Ganges übergeben zu lassen und dadurch direkt ins Nirvana zu gelangen. Jeder kann hier eingeäschert werden, die Angehörigen zahlen so viel sie sich leisten können. Etwa 3h dauert es, bis ein Mensch (beinahe) vollständig verbrannt ist, während die Angehörigen das Feuer beobachten, liegen auf den Treppen bereits weitere Leichen und warten auf einen freien Platz. Menschen waten am Ufer durch Schlacke und sieben diese nach Schmuck und Goldzähnen, Hunde nagen an Knochen, Holz wird gestapelt, über der Szenerie hängt eine Aschewolke … es ist unvorstellbar und überwältigend.
In den Straßen hinter den Ghats findet man zeitgleich das blühende und ganz normale Leben. Wunderschöne Tempel und Moscheen, heilige Kühe im Überfluss, enge charmante Gassen mit ausgezeichnetem Streetfood, Chai und Lassi an jeder Ecke, kleine Bazare und ausgelassene Stimmung.
Und dann kommt noch Kumbh Mela dazu. Das heißt mehr Menschen, mehr Bettler, mehr Zeremonien, unzählige Umzüge und natürlich die Babas, Gurus, Sadhus oder wie auch immer sie sich nennen und ihre Zelte während des Festes einen Monat lang an den Ghats aufschlagen. „Heilige Männer“ die sich einem asketischen, religiösen Leben in Einsamkeit verschrieben haben. Vielleicht auch manchmal, wir wollen ja niemandem etwas unterstellen, exhibitionistische Männer, die gerne mal legal in der Öffentlichkeit einen durchziehen und sich dabei noch gut was dazu verdienen. Jedes Foto, jeder Segen, jede „Freundschaft“ kostet …
Zum Abschluss: nein, wir haben uns nicht von unseren Sünden „reingewaschen“, obwohl man sagen muss, dass das Wasser hier, trotz großem Fest, besser aussieht als in der Halong Bucht in Vietnam. Trotzdem hatten wir tolle Tage in Varanasi, wir haben richtig viel erlebt und gesehen (und selten so viele Fotos gemacht 😉 )! Reiseempfehlung! Selbst ansehen!
27.02.2019 – 04.03.2019
Wahnsinnig beeindruckend!!!
Weiterhin alles Liebe und Gute!