Super-Taifun in Hongkong

Zwei Nächte wollten wir ursprünglich in Hongkong verbringen. Schlussendlich wurden es vier. Manchmal kommt einfach alles anders als geplant. Nicht immer läuft alles gut.

Aber davon wussten wir am Abend des 14.9.2018 noch nichts. Nachdem wir unser Mini-Zimmer im 13. Stock eines großen Wohnblocks in super Lage im Zentrum Kowloons (also Festlandhongkong), quasi direkt am Hafen bezogen hatten, sind wir auf zum Peer und haben uns bei einer Dose Bier die Skyline und den Sonnenuntergang angesehen. Wow.

Am nächsten Tag fahren wir auf die Insel, um mit der sogenannten „Ding Ding“ (zweistöckige Straßenbahn) die Gegend zu erkunden. Die bunten, etwas altmodischen Wagen passen irgendwie so gar nicht zwischen die Wolkenkratzer, die Hongkongs Skyline bilden, aber gerade das macht das Bild und die Fahrt so interessant.

Plötzlich bekommt Roman eine SMS von AirAsia, dass unser Flug am nächsten Tag wegen des Taifuns gestrichen wurde. WAS? Flug gestrichen? Oh nein, wir haben uns schon so auf Thailand, auf Chiang Mai, auf unser Hostel mit kleinem gemütlichem Balkon und ein kühles Chang gefreut! Moment mal … Taifun? Wie Taifun? Jetzt lässt uns das keine Ruhe mehr und pausieren unsere Fahrt mit den mid-level Escalators (das längste überdachte außenstehende Rolltreppensystem der Welt) und wollen schleunigst in ein Lokal mit WiFi um genaueres zu erfahren. Um 11,77€ trinken wir zwei kleine Bier (!!!) um zu erfahren, dass der Super-Taifun „Mangkhut“ direkt auf Hongkong zurauscht. Es ist schwer an gute Infos zu kommen. In den Medien wird fast ausschließlich über den weniger starken Sturm „Florence“ berichtet, der gleichzeitig die USA verwüstet.

Es ist 14:00 Uhr und wir glauben, wir haben 10h Zeit, bis der Sturm kommt. Plötzlich fällt uns auch auf, dass schon einige Fenster verklebt sind und Läden dicht gemacht wurden. Ansonsten merkt man nichts. Was tun wir jetzt? Sind wir sicher? Sachen packen und in den Norden fahren? Viel bringt das nicht, Hongkong ist klein und nach China dürfen wir ohne Visum nicht mehr einreisen. Sollen wir von unserem indischen Hostel im alten Gebäude in ein gutes Hotel ziehen? Weiter weg vom Wasser? Nach langem hin und her entscheiden wir uns dagegen. Zurück im Hostel bereiten wir uns vor. Wir kaufen Proviant, packen unsere Sachen (nur für den Fall). Laden alle elektrischen Geräte nochmal auf. Eva hat unglaubliche Angst. Wir beschließen nochmal raus zu gehen und verbringen den teuersten Abend unserer Reise biertrinkend und recherchierend in einer Bar in der Nähe unseres Hostels. Um 23:00 Uhr beginnt es zu regnen, es geht langsam los. Wir wissen inzwischen, dass der Sturm erst am nächsten Tag zu Mittag in Hongkong seinen Höhepunkt erreichen wird.

Wir verbringen eine sehr unruhige Nacht fast ohne Schlaf. Die Sturmwarnstufe wird laufend angehoben, bis sie schließlich auf +10 stagniert, höher geht nicht.  Die Nerven liegen blank. Der indische Hostel-Opa kann Eva am nächsten morgen ein wenig beruhigen. Er glaubt, das Haus ist sicher und die Fenster halten. Die Straßen sind menschenleer. Alles ist geschlossen. Der öffentliche Verkehr wurde eingestellt. Um 10:00 Uhr geht es schließlich richtig los. Die nächsten Stunden sind der Horror. Der Sturm wütet, vor unserem Fenster, im Fernsehen und im Internet sehen wir, wie Hongkong rund um uns herum verwüstet wird. Es ist furchtbar laut in unserem kleinen Zimmer, der Wind rüttelt an unseren Fenstern und von den Straßen kommt Sirenengeheule, Geräusche von zerspringendem Glas und lautes Grollen, wenn etwas einstürzt, ein Baum knickt oder Teile von Gebäuden fallen.

 

Gegen 17:00 Uhr wird es endlich ein wenig ruhiger. Die kleinen Fenster unseres Zimmers haben gehalten. Der Sturm zieht langsam weiter. Wir spüren die Betroffenheit unserer Hostelbetreiber. Sie sind heftige Stürme gewöhnt, doch dieses Mal war es wohl doch extrem. Es wird noch einige Zeit dauern, bis sich Hongkong von Mangkhut erholt hat.

Nach 40h können wir unser Zimmer schließlich wieder verlassen. Die Straßen sind verwüstet, die Aufräumarbeiten haben bereits begonnen. Bäume sind wie Streichhölzer geknickt und überall liegen Glasscherben und andere Gebäudeteile herum.

 

Wir möchten so schnell wie möglich weg und versuchen Kontakt mit der Airline aufzunehmen. Auf Anrufe und Mails wird nicht reagiert, also sitzen wir stundenlang vor unserem Laptop und starren auf die Position in der Warteschlange des AirAsia Livechats. Wie ihr auf den Bildern seht, haben wir es schließlich geschafft und wurden kompetent betreut 😉

Am 18.09. konnten wir schließlich endlich nach Chiang Mai fliegen.

Aber wie sagt man so schön: A Reise ohne Supertaifun is koa Reise! Muss man mal gesehen haben!

Nein aber Scherz beiseite: Viele hatten nicht so viel Glück wie wir, haben alles verloren. Viele müssen damit leben, dass eine solche Naturkatastrophe jederzeit auf sie zukommen kann. Wir sind dankbar, dass alles gut ging.
14.09.2018 – 18.09.2018
 

5 Gedanken zu „Super-Taifun in Hongkong“

  1. Ja, dieser 15. September wird mir in Erinnerung bleiben!!!! Mir sind Herz und Hirn stehen geblieben…wir konnten nur den Verlauf des Taifuns im Internet beobachten und hoffen, dass er euch nicht voll trifft. Diese Stunden werdet ihr nie vergessen, ihr habt trotz Angst super reagiert, und zum Glück ist alles gut ausgegangen für euch 2 :))) Die Bierrechnung von Hongkong übernehme ich 😉 Weiterhin gute Erholung in Thailand!

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